Angesicht der multiplen gesellschaftlichen Krisen wird der Ruf nach einer neuen Erzählung für eine sozial-ökologische Transformation lauter. Wir wollen der Macht der (Meta-)Narrative auf den Grund gehen: Narrative beeinflussen, was als „wissenschaftlich“ gilt und was nicht, was „natürlich“ oder selbstverständlich erscheint und welche Ziele gesellschaftlich Priorität haben. Wie beeinflussen (Sprach-)Bilder und Erzählungen unbewusst unser Denken? Welche Rolle spielt die Wirtschaftswissenschaft in den heute dominanten Erzählungen? Erschöpft sich eine plurale Ökonomik an einer Vielzahl unterschiedlicher Theorieschulen – oder sollte die Wirtschaftswissenschaft angesichts der Klimakrise wieder zu einer transformativen Wissenschaft werden, die sich zu ihrer gesellschaftsgestaltenden Wirkung bekennt?
WS 2 – Anna Reisch
Der geplante Workshop hat zum Ziel, die unterschiedlichen Annahmen und Lösungsvorschläge im Spannungsfeld von Green Growth und Postwachstum zu durchdringen und eine Diskursfähigkeit zwischen Vertreter*innen beider Denkrichtungen herzustellen. Lernziel ist einerseits ein tiefgreifendes Verständnis der Konzepte, andererseits die Befähigung, auf Grundlage des Gelernten gemeinsam konstruktiv an Lösungen für die ökologische Transformation zu arbeiten. Die Teilnehmenden werden in die Lage versetzt, die vermittelten Inhalte auf ihre jeweiligen Fachrichtungen zu übertragen und Fragen des ökologischen Wandels interdisziplinär zu analysieren und zu diskutieren.
WS 3 – Hannes Böhm
Banken
fördern über ihre Kreditvergabe Projekte in Öl-, Kohle- und Gassektoren.
Fondsmanager*innen halten Aktien und Anleihen klimaschädlicher Unternehmen in
Milliardenhöhe. Wird das CO2-Volumen hinter diesen Projekten emittiert, sind
die Ziele des Pariser Klimaabkommens höchstwahrscheinlich nicht mehr
erreichbar.
Sollte diese Erkenntnis auf plötzliche Art und Weise auf den Finanzmärkten erkannt werden, droht das Platzen der sog. „Carbon Bubble“ und damit eine mögliche neue Finanzkrise. In diesem Workshop soll zunächst eine Bestandsaufnahme gemacht werden, wie „dreckig“ unsere Finanzmärkte sind. Es wird diskutiert, was es mit der Carbon Bubble auf sich hat, und wie relevant diese nach aktueller wissenschaftlicher Erkenntnis ist. Abschließend sollen Maßnahmen diskutiert werden, die unsere Finanzmärkte grüner und nachhaltiger machen können, damit diese zur Lösung des Klimawandels beitragen können.
In diesem Workshop soll daher zunächst eine Bestandsaufnahme gemacht werden, wie „dreckig“ derzeit unsere Finanzmärkte sind. Es wird diskutiert, was es mit der Carbon Bubble auf sich hat, und als wie relevant diese sich nach aktueller wissenschaftlicher Erkenntnis darstellt. Abschließend sollen Maßnahmen diskutiert werden, die unsere Finanzmärkte grüner und nachhaltiger machen können, damit diese zur Lösung des Klimawandels beitragen können, anstatt diesen zu befeuern.
WS 4 – Anne Weber & Philipp Chmel
Die Perspektive einer kritischen Politischen Ökonomie in Anschluss an Karl Marx hilft zu verstehen, wie soziale aber auch ökologische Spannungen und Widersprüche dem Kapitalismus inhärent sind. Der Workshop soll Neugierde wecken und gibt einen ersten Einblick in grundlegende Konzepte, wie z.B. dem Kapitalbegriff, der Werttheorie, Krisentendenzen, sowie dem Mensch-Natur-Verhältnis bei Marx und weiterführenden Schriften. Der Workshop zielt auch darauf, die eigene Urteilsfähigkeit der Teilnehmenden zu stärken, um sich kritisch mit herrschenden Theorien auseinanderzusetzen und Alternativen denkbar werden zu lassen.
WS 5 – Annika Fuchs & Jakob Fraisse
Wieso
brauchen wir eine Integration der feministischen Ökonomie in Degrowth-Diskurse?
Damit möchten wir uns anhand des Beispiels Care-Arbeit
in dem Workshop auseinandersetzen. Wir werden uns mit verschiedenen
Perspektiven auf Arbeit in einer Degrowth-Gesellschaft beschäftigen. Durch
einen Input, Textarbeit sowie eine kreative Auseinandersetzung thematisieren
wir hierbei eure Fragen an feministische Ökonomie genauso wie theoretische
Grundlagen von den 1970ern bis heute.
WS 6 – Florian Rommel
Anknüpfend an Gedanken zur Performativität ökonomischen Wissens wollen wir ein Bild entwickeln auf welchen Ebenen Gesellschaft gestaltet wird und wie diese Ebenen zusammenspielen. Dabei geht es darum verschiedene Transformationsstrategien zu identifizieren und ein integrales Bild zu entwickeln. Der Diskurs um eine Sozial-ökologische Wende bildet bisher ein Spektrum von kleinen Ökodörfern und Gemeinschaftsprojekten bis hin zu großen technologischen oder systemischen Alternativen ab. Schließen sich die Extreme kategorisch aus oder wie können wir zu einem vielfältigen Bild einer nachhaltigen Gesellschaft kommen?
Literatur / Referenzen:
Workshop 1: Die Macht wirtschaftswissenschaftlicher (Meta-) Narrative – Gesellschaftliche Krisen und sozial-ökologische Transformation
Lakoff, George; Johnson, Mark (2007): Leben in Metaphern. Konstruktion und Gebrauch von Sprachbildern. 5. Aufl. Heidelberg: Carl-Auer-Verl. (Systemische Horizonte).
Lippmann, Walter (Hg.) (2018): Die öffentliche Meinung. Wie sie entsteht und manipuliert wird. Frankfurt a.M.: Westend Verlag.
WehlWehling, Elisabeth (2018): Politisches Framing. Wie eine Nation sich ihr Denken einredet – und daraus Politik macht. Ungekürzte Ausgabe im Ullstein Taschenbuch, 1. Auflage Oktober 2018. Berlin: Ullstein Taschenbuch Verlag.
Viehöver, Willy (2014): Erzählungen im Feld der Politik, Politik durch Erzählungen. Überlegungen zur Rolle der Narrationen in den politischen Wissenschaften. In: Frank Gadinger, Sebastian Jarzebski und Taylan Yildiz (Hg.): Politische Narrative. Konzepte – Analysen – Forschungspraxis. Wiesbaden: Springer VS
Zum (Meta)-Paradigma der Ökonomik
Graupe, Silja (2017): Beeinflussung und Manipulation in der ökonomischen Bildung. In: Humane Wirtschaft 04, zuletzt geprüft am 23.11.2018.
Kuhn, Thomas S. (1979): Metaphor in Science. In: Andrew Ortony (Hg.): Metaphor and thought. Cambridge: Univ. Press, S. 409–419.
Maße, Jens; Sparsam, Jan (2008): Die Performativität der Wirtschaftswissenschaft. In: Andrea Maurer (Hg.): Handbuch der Wirtschaftssoziologie: Springer.
Ötsch, Walter Otto (2019): Mythos Markt. Mythos Neoklassik. Das Elend des Marktfundamentalismus. 1. Auflage. Weimar (Lahn): Metropolis (Kritische Studien zu Markt und Gesellschaft, 11).
Zur pluralen / transformativen Ökonomik:
Heise, Arne (2016): Pluralismus in den Wirtschaftswissenschaften – Klärungen eines umstrittenen Konzepts. Expertise für die Hans Böckler Stiftung. Online verfügbar unter https://www.boeckler.de/pdf/p_imk_study_47_2016.pdf, zuletzt geprüft am 07.03.2019.
Reinhard Pfriem, Uwe Schneidewind, Jonathan Barth, Silja Graupe und Thomas Korbun (Hg.): Transformative Wirtschaftswissenschaft im Kontext nachhaltiger Entwicklung. Marburg: Metropolis-Verlag
Thieme, Sebastian (2019): Die Ökonomik als Sozialwissenschaft? Kritische Anmerkungen zur Pluralismus-Debatte. In: Silja Graupe, Walter Otto Ötsch und Florian Rommel (Hg.): Spiel-Räume des Denkens. Festschrift zu Ehren von Karl-Heinz Brodbeck. Marburg: Metropolis-Verlag, S. 257–286.
Workshop 2: Postwachstum und Green Growth
Bauhardt, C. (2014). Solutions to the crisis? The Green New Deal, Degrowth, and the Solidarity Economy: Alternatives to the capitalist growth economy from an ecofeminist economics perspective. Ecological Economics, 102, 60-68.
Kothari, A., Demaria, F., & Acosta, A. (2014). Buen Vivir, degrowth and ecological Swaraj: Alternatives to sustainable development and the green economy. Development, 57(3-4), 362-375.
Victor, P. A. (2012). Growth, degrowth and climate change: A scenario analysis. Ecological economics, 84, 206-212.
Kallis, G., Kostakis, V., Lange, S., Muraca, B., Paulson, S., & Schmelzer, M. (2018). Research on degrowth. Annual Review of Environment and Resources, 43, 291-316.
Parrique, T., Barth, J., Briens, F., Kerschner, C., & Kraus-Polk, A. (2019). Decoupling Debunked. Evidence and arguments against green growth as a sole strategy for sustainability. A study edited by the European Environment Bureau EEB. European Environmental Bureau.
Schneidewind, U. (2017). Einfacher gut leben: Suffizienz und Postwachstum.
Paech, N. (2011). Vom grünen Wachstumsmythos zur Postwachstumsökonomie. Perspektiven Einer Nachhaltigen Entwicklung, Frankfurt am Main, 131.
Workshop 3: Wie tragen Banken und Finanzmärkte zum Klimawandel bei? Und was braucht es für eine nachhaltige Lösung?
Workshop 4: Mit Marx und einer Perspektive der Politischen Ökonomie für eine sozial-ökologische Transformation
Karl Marx, das Kapital. Kritik der politischen Ökonomie I-III (1970[1867]-73).
Michael Heinrich, Einführung in die Kritik der politischen Ökonomie (2005).
John Bellamy Foster: „Marx‘s Ecology: Materialsm and Nature“ (2000) sowie „Marx‘s Theory of Metabolic Rift: Classical Foundations for Environmental Sociology“ (1999).
Workshop 5: Arbeit in einer feministischen Postwachstumsgesellschaft- Perspektiven auf Care-Arbeit
Vogel, Lise (2019): Die Frau* im Kapitalismus
Haug, Frigga (2011): Die vier-in-Einem-Perspektive
Dengler, C., & Strunk, B. (2018). The Monetized Economy Versus Care and the Environment: Degrowth Perspectives On Reconciling an Antagonism. Feminist Economics, 24(3), 160-183.
Eversberg, D. & Schmelzer, M. (2019): Degrowth und Männlichkeiten-Zur Geschlechtlichkeit des relationalen Postwachstumssubjekts in: Caring masculinities? Männlichkeiten in der Transformation kapitalistischer Wachstumsgesellschafte. Oekom.
Workshop 6: Pluralismus an Transformationsverständnissen!? Dimensionen der sozial-ökologischen Wende
Ötsch, W.O. (2019) Mythos Markt. Mythos Neoklassik. Das Elend des Marktfundamentalismus. Metropolis. Marburg.
Schneidewind, U., & Pfriem, R. (2016). Für einen neuen Vertrag zwischen Wirtschaftswissenschaft und Gesellschaft. Transformative Wirtschaftswissenschaft im Kontext nachhaltiger Entwicklung. Ökologisches Wirtschaften, 2(31), 30-34.Transformative Wirtschaftswissenschaft Schneidewind, Pfriem et al. (2016)
Rommel, F., Barth, J., 2017. Auf dem Weg zu einer transformativen Wirtschaftswissenschaft Kommunikations-und Institutionalisierungsstrategien für ein neues Wissenschaftsverständnis, in: Transformative Wirtschaftswissenschaft Im Kontext Nachhaltiger Entwicklung. Metropolis, Marburg.